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Mixe des Monats: Juni 2025

costaphilly — MITMIXEN 094 (MITMISCHEN BERLIN)

Das Berliner Label Mitmischen präsentiert in der 94. Ausgabe seiner SoundCloud-Mixreihe „Mitmixen” ein Set des Freiburger DJs costaphilly. Unter dem Motto „Selection speaks louder than transitions” entwirft costa eine klangliche Reise durch verschiedene Genres und Soundästhetiken.

Im Mittelpunkt steht dabei die Selektion der Tracks – Technik und Mixing treten bewusst in den Hintergrund. Der Fokus liegt auf dem musikalischen Ausdruck und der Auswahl, nicht auf der makellosen technischen Ausführung. Oder, wie man es im Feuilleton formulieren würde: „Der Künstler verzichtet darauf, sein gesamtes technisches Repertoire zur Schau zu stellen – er entscheidet sich für das Werkzeug der Qualität des Mediums.”

Der Einstieg ist spacig gehalten, eine treibende Bassline fährt wie ein D-Zug durch den Gehörgang. So nimmt uns costaphilly mit auf eine Reise durch seine recent finds, von treibendem Prog über wohligen House ist eigentlich alles dabei.

Ab Minute 40 wird es tribaler. Percussions nehmen die Zügel in die Hand, erdiger Rhythmus trifft auf spirituelle Energie. Zehn Minuten später löst uns costaphilly mit einem Track aus dem modrigen Erdreich, der sich anfühlt wie eine Taxifahrt durchs erwachende London im Jahr 1996. Das Set beendet ein leuchtender Trance-Banger, genau wie eine aufgehende Sonne eine durchfeierte Nacht beenden kann. Ferdinand Görig

Laura Not – A Way with the Birds (Pingipung Podcast 176)

Ich bin ja immer ein bisserl vorsichtig, wenn sich jemand den „Klangkünstler” oder den „Soundcollagist” oder ähnliche Kunstbetriebsjargonscheiße in die Bio packt – meistens riecht es nämlich gleich mal nach ästhetisch höchst ausdruckslosem Blödsinn. Und dafür kann man ja auch einfach ins Museum gehen. Aber dann ist es manchmal ganz anders, oder man ist ganz anders, vielleicht ist es auch einfach beides. Jedenfalls treibt es mich wieder mal zur richtigen Zeit, das heißt, während einer ausgedehnten und also über eine Dreiviertelstunde andauernden morgendlichen Dusche zum Pingipungpodcast. Und da hört man ja ausschließlich tolle Musik. Was dann wiederum andere tolle Musik anzieht und immer so weiter. Weshalb also der einhundertsiebenundsechzigste Pingipungpodcast ein ums andere Mal bestätigt, was man ohnehin wissen darf. Dass man nämlich weder allzu lange duschen noch ausgewiesenen Soundcollagisten misstrauen sollte. Christoph Benkeser

Liminal Space – Brian Wilson Special 17.06.25 (IDA Radio)

Brian Wilson ist tot. Das hat man auch in Tallinn registriert, wo die Radioshow Liminal Space für den finnisch-estnischen Community-Sender IDA Radio entsteht. Und deshalb eine knappe Stunde Songs aneinandergefädelt, an denen Wilson beteiligt war. Ohne aufgesetztes Mixing, mit großen Harmonien, stimmlicher Makellosigkeit und Nostalgiemomenten, die an beste Sommertage und das Schwofen auf dem Dorffasching gleichzeitig erinnern.

Mit dabei sind Hits aus der Strand-Phase der Beach Boys wie „Surfin‘ USA”. Oder aus dem Spätwerk der Band, wie das alberne, nichtsdestotrotz ungemein eingängige „Kokomo” von 1988. Aber auch „Wouldn’t It Be Nice” vom erfolgreichsten Beach-Boys-Album Pet Sounds oder der beunruhigende Theremin-Barbershop-Banger „Good Vibrations”. Dazwischen ist immer wieder Platz für leisere Zwischentöne, die nicht nur Wilsons künstlerische, sondern auch seine menschliche Komplexität offenbaren. Emotional wird’s am Ende, als ein Interview-Ausschnitt anlässlich seines gefloppten Soloalbums von 1988 zur großen Beach-Boys-Ballade „God Only Knows” überleitet. „Art is intangible”, sagt Wilson darin. Das galt für seine Musik ganz besonders. Maximilian Fritz

Litoshka – PRNCAST 009

Verschwitzte Körper, stickige Luft und ein drückender Sound. So fühlt sich die neue Folge des PORNCAST mit Litoshka an. Der Mix fängt den PRNCPTL-Vibe präzise ein und trifft, genau wie im Darkroom, voll ins Schwarze.

Düster, roh, hypnotisch und queer. Was Litoshka in diesen 57 Minuten entwirft, passt exakt in jene Räume, die das Berliner Kollektiv Pornceptual seit 2012 mit seiner sex-positiven, künstlerisch radikalen Clubkultur entstehen lässt. Zwischen Darkroom und Dancefloor, technoider Härte und emotionaler Offenheit. Der Mix erscheint im Rahmen des PORNCAST, der hauseigenen Podcast-Reihe von PRNCPTL.

„Meine Musik wurde von dem geprägt, was ich früher auf Partys gehört habe. In Paris hatten wir riesige Warehouse-Raves voller Industrial Techno. Ich versuche, mir diese industrielle Seite zu bewahren, das, was mir immer noch gefällt, und entwickle sie weiter zu etwas Modernerem und Mentalerem”, berichtet Litoshka im PORNCAST.

Die Spannung baut sich langsam auf, bevor der Bass einsetzt und sich die volle Klangwelt entfaltet. Düster wie ein Darkroom und doch durchzogen von einer queeren, fesselnden Energie. Der Aufbau ist ruhig und präzise, aber voller Spannung. Trotz des industriell geprägten Sounds gelingt es Litoshka, eine Atmosphäre der Offenheit und Intimität zu bewahren. Genau dieser Spagat macht den Mix so besonders. Katharina Pittack

Perfo – Reclaim Your City 647 (Reclaim Your City)

So vielfältig wie der Sommer in Berlin ist auch das Repertoire von Perfo. In seinem Mix für Reclaim Your City zeigt er gekonnt, dass er sich auf die Gegebenheiten im Club einstellen kann: Sei es die Spielzeit oder die Stimmung des Publikums. Ob langanhaltend und ruhig oder groovy-mitreißend: Beim Hören wird klar – er kann alles.

Wie kürzlich bei seinem Opening-Set im Berghain führt er langsam an die Substanz. Der Match der Tracks ist on point und die Harmonie auf seiner Seite. „L’expérimental, distillé jusqu’à la quintessence”, heißt es in einem Kommentar, der es ganz gut auf den Punkt bringt: Der Franzose reduziert das Experimentelle auf seine Quintessenz und balanciert zwischen roher Detroit‑Ästhetik und einer verspielten, sinnlichen Note. Es wird auf das Wesentliche reduziert, ohne dabei an Tiefe zu verlieren. Wie in seinem Schaffen als Producer auf Labels wie MORD, 47 oder Hayes zeigt er: Komplexität und Minimalismus schließen sich nicht aus. Jacob Runge

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