Die elektronische Musikindustrie ist 12,9 Milliarden US-Dollar (11,3 Mrd. Euro) wert. Das geht aus dem jährlich erscheinenden Business Report des International Music Summit (IMS) hervor, der Entwicklungen des globalen Musikmarkts abbildet. Darin zeigt sich: Besonders der Live-Sektor treibt das Wachstum voran. TikTok trägt stark zur Verbreitung bei. Und Jungle und Drum’n’Bass sind wieder da.
„Die weltweiten Umsätze wuchsen 2024 erneut, wenn auch langsamer als 2023”, sagt Mark Mulligan von MIDiA Research. Das britische Marktforschungsinstitut greift für den IMS Report 2025 auf Daten von Streaming-Plattformen, Social-Media-Analysen, Ticket- und Plattenverkäufen sowie Unternehmensberichte von AlphaTheta zurück.
Eine Erkenntnis: Der Live-Sektor der elektronischen Musik floriert wie nie zuvor. Mit einem Gesamtumsatz von 27 Milliarden US-Dollar (23,7 Mrd. Euro) inklusive touristische Ausgaben sowie Folgegeschäfte und Strukturwirkung hat er auch das Vorkrisenniveau deutlich übertroffen. Dieses Wachstum wird vor allem durch große Festivals und steigende Ticketpreise getragen.
Afro? House!
Dass 2024 ein Jahr der Verschiebungen war, zeigt sich auch in der Musik selbst. Besonders Afro House und Drum’n’Bass konnten ihren Einfluss erheblich ausweiten – nicht nur auf den Dancefloors, sondern auch auf Streamingplattformen und in den Clubcharts. Das zeigen die Verkäufe auf Beatport, einem der weltweit wichtigsten Kaufportale für elektronische Musik. Drum’n’Bass kletterte dort auf Platz 3 der meistverkauften Genres. Afro House, das 2023 erstmals aufgeführt wurde (Platz 23), schoss innerhalb eines Jahres auf Platz 4.
Der Erfolg der Genres sich auf mehrere Faktoren zurückführen: Eine neue Generation an Produzent:innen bringt frische Impulse, während internationale Acts wie Black Coffee oder Nia Archives den Sound global sichtbar machen. Zugleich steigt die Nachfrage nach rhythmisch komplexer, energiegeladener Musik, die sich gut für hybride DJ-Sets und genreübergreifende Playlists eignet.
Nicht zuletzt sind es auch Plattformen wie TikTok, die den Aufstieg dieser Genres befeuern. Dort würden insbesondere Breakbeats, perkussive Strukturen und Vocals aus afrikanischen und britischen Subkulturen gefeiert und millionenfach geteilt. Videos mit dem Hashtag #ElectronicMusic wurden auf TikTok über 13,4 Milliarden Mal aufgerufen – ein Plus von 45 Prozent zum Vorjahr.
Deutschland bei Nacht
Ein Blick auf die globalen Streaming-Zahlen zeigt: Mexiko, Großbritannien und Deutschland zählen derzeit zu den großen Wachstumsmärkten der elektronischen Musik. Deutschland zählt laut Report auch zu den wichtigsten Märkten für internationale Tourneen und Clubnächte. 2024 gehörte Deutschland auch zu den wenigen Ländern, in denen die Anzahl der gebuchten internationalen Acts im Clubbereich im Vergleich zum Vorjahr zugenommen hat – trotz schwieriger Rahmenbedingungen wie Inflation, gestiegenen Reisekosten oder höheren Gagen.
Global steigt außerdem der Anteil weiblicher DJs weiter an. 16 Prozent der Nutzer:innen von AlphaTheta (ehemals Pioneer DJ) sind mittlerweile weiblich – zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig betont der Bericht die wachsende Rolle von Algorithmen als neue Gatekeeper für musikalische Karrieren. Und: Es gibt kleine Fortschritte bei der Diversität in der elektronischen Szene. Der Anteil an FLINTA*-Künstler:innen in den Festival-Line-ups ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, ebenso die Zahl an BIPoC-Artists in internationalen Bookings.
Elektronische Musik befinde sich „am Beginn einer neuen Ära der kulturellen Resonanz”, so Mulligan. Der Analyst sieht darin eine Chance – aber auch eine Verantwortung. Die Branche müsse jetzt Strukturen schaffen, die diese neue kulturelle Tiefe auch nachhaltig abbilden. Nur so könne elektronische Musik ihre Relevanz nicht nur behaupten, sondern ausbauen.
Der IMS Business Report 2025 lässt sich hier nach einer Registrierung einsehen.