Viele Electro-Platten klingen selbst im Jahr 2014 noch frisch, weil Zukunftsglaube nicht altert. Was Arpanet und Konsorten jedoch in unterkühlt-technoide Sounds zum Ausdruck brachten, ist nunmehr Wirklichkeit geworden: Wir teilen auf unseren mobile devices Wort und Bild mit uns mehr oder minder bekannten Menschen und Megakonzernen. „Seid ihr bereit für die totale Vision?“, fragt Anthony Rother plakativ auf seinem neuen Album, das sich der Beschreibung eines solchen „digitalen Universums“ widmet. Rother arbeitet sich gekonnt an einer tradierten Formensprache ab, anders als deren Vertreter jedoch inszeniert er keine SciFi-Kippspiele, sondern nimmt direkt Kurs auf Dystopia. „Der Schöpfer wurde längst durch uns ersetzt“, es regieren: Techno-Kapitalismus, Totalentfremdung und Hedonismus. Verzerrte Vocals käuen Buzzwords aus dem Techno-Jargon wieder: „Das Medium der Zukunft. Datenstrom verknüpft mit Zeit. Im Raum der Illusionen. Speicher der Vergangenheit.“ Das klingt auf mehreren Ebenen ziemlich dated. Zukunftsglaube altert zwar nicht, jedoch ist das, was Rothers schwerer Elektro – mit teutonischem Kraftwerk-K – als Morgen behauptet, heutzutage doch schon Gestern.
Stream: Anthony Rother – Netzwerk der Zukunft (Snippets)