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DJ KOZE Amygdala (Pampa)

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Es ist ja nicht so, dass Stefan Kozalla nicht vorher auch schon eine Seele gehabt hätte. Ganz im Gegenteil, schließlich ist er DJ Koze, der Disco-Schnacker mit dem großen Herz. Und auch bei seinem ersten properen Album, Kosi Comes Around, das vor immerhin schon acht Jahren bei Kompakt erschienen ist, überwogen bereits angenehm die gefühlsduseligen Klangschönheiten, die da ihr Haar frei wehen ließen, gegenüber den paar Clubkrachern („The Geklöppel Continues“, „Brutalga Square“). Nun aber, bei seinem zweiten Album, hat Kozalla wahrlich den Soul gefunden, was ja nichts anderes ist als „Seele“ auf Englisch. Es fängt schon an mit dem Titel, Amygdala, ein Gehirnzentrum, das für viel Emotionales zuständig ist. Für Angstempfinden. Und auch für Lust. Und geht bis zum Höhe- und Wendepunkt der Platte, dem Track „Das Wort“, in dem ein Sample eines sehr bekannten Siebziger-Soulsängers von dessen privatestem Bettgeflüster-Album auftaucht, mit dem der Mann damals ein vorangegangenes politisches Manifest ausbalancierte. Hier bildet sein Gesang ein Duett mit Dirk von Lowtzows artifiziell überartikulierter Markanz (am Ende der Platte ist derselbe Sänger als vermickeymousetes Sample übrigens auch noch Duettpartner von, ja, Hildegard Knef). Das Wort, um das es in dem Track geht, ist übrigens: „Love“.

Aber auch zwischendrin und davor und danach ist Amygdala alles andere als ein „Technoalbum“ im Sinne von: eine Packung Ravegranaten. Nichts rummst hier, trumpft auf oder kommandiert im Kasernenhof-Ton auf die Tanzfläche. Das wäre DJ Koze sicher auch viel zu öde. So sägt selbst das härteste Stück, „Marylin Whirlwind“, nur ganz verhalten hinter handgeschnittenem Gitarrengezupfe. Ansonsten wird geträumt, gefragt, vorgeschlagen und auch mal gezweifelt. Amygdala ist, mit seinem Spannungsbogen und seinem frei reitenden Songwriter-Autoren-House ein echtes Album, im Sinne von: Gesamtwerk. Und, Herr Kozalla ist schließlich ein soziales Wesen, auch eine echte Familienangelegenheit. Denn hier spielen Freunde zusammen, nicht Hipster. So singt die wunderbare Ada mit sich selbst im Chorus ein Kings-Of-Convenience-Cover ein, Apparat schwelgt zu Poptechno. Und beim handgezupften Kazoo-Acid von „Magical Boy“ mit seinen, da waren sie wieder, Soulsamples beginnt sogar Matthew Dears sonst oft eher schwieriger Gesang zu glänzen. Herzerwärmend, das alles. „Man bekommt sofort Bock zu saufen“, lässt Stefan Kozalla im Begleittext verlauten. Aber das wären dann eher ein paar flauschige Drinks im Wohnzimmer von netten Freunden als Kampftrinken im Außeneinsatz.

 


Stream: DJ Koze feat.CaribouTrack ID Anyone?

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