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ROBERT HOOD Omega (M-Plant)

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Wenn man vom Aufenthalt auf einer einsamen Insel zurückkäme und zum ersten Mal nach Jahren wieder einen Plattenladen beträte, dann würde die erste Platte im Neuheitenfach von Robert Hood stammen, schrieb Tobias Thomas einmal. Das trifft den Nagel auf den Kopf: Es gibt keinen anderen Musiker, der den Detroit-Techno der Anfangszeit bis in die Gegenwart so kontinuierlich, integer und glaubwürdig vertreten hat wie Robert Hood. Derrick May, Juan Atkins, Kevin Saunderson und Underground Resistance sind fast nur noch als DJs aktiv, Musiker wie Terrence Dixon, Keith Tucker oder Stacey Pullen sind kaum noch wahrnehmbar. Und Carl Craig produziert für die internationalen Festivals einen gefälligen Fusionsound. Schon bald nach den ersten, stilprägenden Veröffentlichungen mit Banks und Mills hatte Hood sich unabhängig gemacht. Diese Autarkie hat er sich bis heute bewahrt. Viele Musiker aus Detroit haben sich vom Erfolg und von Rivalitäten ablenken lassen. Hood ließ nie etwas zwischen sich und die Musik kommen. Auf einem alten Foto steht er hinter einem Bügelbrett, auf dem eine Roland TR-909 und eine TB-303 aufgebaut sind. Das neue Album Omega klingt, als sei es mit einem solchen oder ähnlichen Set-up aufgenommen worden.

Trotzdem hört man die Tracks nicht als Musik aus einer vergangenen Zeit. Alles an diesen Stücken ist unmittelbar wirksam. Hier gibt es keinen Konjunktiv, keinen Aufschub, keine Effekte, nichts Nachträgliches. Die Loops brechen ab, bevor sie zu greifbaren Melodiefiguren werden. Hier findet sich nichts, auf dem sich Staub ablagern könnte. Es gibt auch keine vergleichbaren Produktionen im Technogeschehen, am ehesten noch die von Oliver Ho. Nach den beiden schwächeren Alben Point Blank und Wire To Wire knüpft Hood mit Omega an seine Alben der Neunziger an.

Juan Atkins wurde immer wieder mit der Aussage zitiert, dass die Roboter von General Motors für ihn eine wichtigere Inspiration gewesen seien als der Soul des Motown-Labels. Hood nimmt diesen Materialismus auf, der dem Arbeitsumfeld der afroamerikanischen Community in den Autofabriken Detroits mehr Bedeutung einräumt als eskapistischer Popmusik. Gleichzeitig reflektiert sein Technosound das Abwandern der Industrie nach Ostasien und den daraus resultierenden Kollaps der Stadt. Der Titel Omega bezieht sich auf den Horrorfilm The Omega Man. Die Zombies in dem Film erinnern Hood an das Detroit der achtziger Jahre: Nachts verfinsterte sich das entvölkerte Stadtzentrum, und die Crackheads wankten wie die Zombies aus dem Film durch die leeren Straßen. Die Innenstadt Detroits wird heute wieder bevölkert, von einer weißen Mittelschicht. Die afroamerikanische Community konnte sich nach dem Niedergang in den Achtzigern nicht reorganisieren. Dieser Mangel an sozialen Räumen wird in der Hermetik dieser Tracks spürbar.

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